Fernweh
Fernweh und Corona – wie passt das zusammen?
Ich sitze am PC, habe meine Kopfhörer auf und höre ein Tutorial zum Thema „Entrepreneurship“. Irgendwie spannend, interessant und auch wichtig für mich. Aber auch etwas trockener Stoff. Da hilft auch die Tasse Tee neben dem PC nicht weiter. In meinem Email Account blinkt eine „1“ auf und kündigt einen neue Nachricht an. Eine willkommene Ablenkung. Ich switche schnell um und schaue, was es Neues gibt.
Ein Reiseanbieter lobt Reiseangebote aus. Mein erster Gedanke: „Wie passt das zur aktuellen Coronasituation?“ Ich schiebe den Gedanken zur Seite und scrolle über die Angebote und Bilder. Urlaub beim Winzer in Rheinhessen – auf dem Bild Weinlaub in den tollsten Rottönen, Budapest im Sonnenuntergang, Lanzarote Reisewarnung aufgehoben – azurblaues Meer, relaxen auf den Malediven, Sehnsuchtsort Namibia – Sanddünen so weit das Auge reicht, eine Oryx schaut in die Ferne… . Meine Gedanken verlassen die Bilder und sind in Afrika. Afrikanischer Regenwald, die Savanne Tansanias, weites Land, das Gras rauscht leicht im Wind, ein Löwe brüllt in der Ferne, eine Elefantenherde steht am Wasserloch, letzte Sonnenstrahlen wärmen mein Gesicht, das Licht färbt sich orange rot… Tom hüpft auf den Tisch und stupst mich mit seiner Nase an. Der Tagtraum ist vorbei.
Ein leises Gefühl von Fernweh beschleicht mich. Fernweh in einer Zeit von Corona. Wie geht man damit um? Warum jetzt schon wieder Fernweh? Hatten wir nicht erst das Glück mit Willi in Italien, die Toskana bereisen und genießen zu können? Ich ermahne mich zur Dankbarkeit. Trotzdem ist es da, das Fernweh. Was man kennt und nicht haben kann, wird manchmal mächtiger als Bedürfnis, als wenn man es haben könnte. Erinnert mich an den Wunsch nach Schokolade abends auf der Couch. Kennt Ihr bestimmt auch? Ok, wenn nicht nach Süßem dann vielleicht nach Chips. Würde ich den tollen Geschmack nicht kennen, hätte ich keine Lust darauf. Ok, das erklärt meine Sehnsucht. Und nun?
Der fachliche Stoff ist trocken, der Lunch ist überfällig und durch das Fenster blinzelt die Sonne. Ich ziehe mir Jacke und Turnschuhe an und gehe vor die Tür und genieße die Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht. In der Ferne zanken zwei Vögel und wenig später stromert ein kleiner Hund an mir vorbei. Die Blätter sind kunterbunt und bewegen sich im Wind. Einige hat der Wind bereits nach unten gepustet. Sie rascheln unter meinen Füssen. Manchmal reicht ein Blick vor die Tür. Das Schöne ist oft ganz nah. Ich bin froh und dankbar den Moment genutzt zu haben. Das Fernweh habe ich so in meiner kleinen Gedankenkiste verschlossen. Beim nächsten mal muss ich nur an eine etwas dickere Jacke denken. Es ist schließlich Herbst und wir sind nicht in Tansania. 😉
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